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Anfang des 20. Jahrhunderts waren Krinoline-Fahrgeschäfte auf vielen Festplätzen ein beliebtes Amüsement. Aus dieser Zeit hat sich nur die Krinoline des Oktoberfestes erhalten. Der Schausteller Michael Großmann hatte sie 1925 dort zum ersten Mal aufgestellt.
Schwierige Zeiten mussten damals bewältigt werden. Auch die Krinoline war gefordert, wenn sie überhaupt noch überleben wollte. Um z.B. die Schwankung zu erzeugen, mussten drei bis vier Mann ihre Muskelkraft einsetzen. Die Personalkosten waren ein nicht mehr zu tragender Kostenfaktor. Dies war wohl auch die Ursache, dass es nur noch wenige Krinolinen zu Ende der 30er Jahre gab.
Michael Großmann machte sich 1936 an die Arbeit, die Krinoline-Schwankung elektromechanisch zu erzeugen. Sein materielles Auskommen hatte er bei der Firma Wamsler, wo er die Erlaubnis bekam, nach seiner Arbeit den Krinolinemast zu fertigen. Seit 1938 läuft die Krinoline elektromechanisch. Seine Erfindung wurde als Patent eingereicht und angenommen. Dieser raffinierte Antrieb mittels Excenter und starken Federn lässt sich noch heute im oberen Teil des Mastes bewundern.
Auf einen Schlag wurden drei bis vier Mann Personal eingespart. Damit hat sich die wirtschaftliche Lage zwar gebessert, aber neue Wettbewerbsprobleme standen bevor. Modernere und schnellere Fahrgeschäfte entstanden, die sich gleichzeitig auch flotter auf- und abbauen ließen. Doch Michael Großmann steckte nicht auf.
Als zusätzliche Attraktion ließ er 1938 eine original 5-Mann Blaskapelle aufspielen, für die er an der Außenwand des Karussells einen kleinen Balkon anbaute. Die Blasmusik war insofern außergewöhnlich, weil damals die Karusselle, Riesenräder und Schiffschaukeln üblicherweise von den Klängen der Schaustellerorgeln begleitet wurden. Die glorreiche Idee war von Erfolg gekrönt. Das Publikum honorierte diese Einrichtung so, dass die Krinoline mit ihrer beliebten Blaskapelle zu einem Inbegriff auf dem Münchner Oktoberfest wurde.
Dass die Krinoline auch den Krieg überlebt hat, ist ebenfalls Michael Großmann zu verdanken. Er veranlasste, dass das Geschäft vom damaligen Lagerplatz in Großhadern nach Mindelheim evakuiert wurde, um den Bombenangriffen auf München zu entgehen.
Auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Großmanns Schaustellerkollegen auf die nun aktuelle Schallplatten- und Tonbandmusik wechselten, ließ Großmann seine Blaskapelle weiterspielen. Im Alter von 74 Jahren verstarb Michael Großmann im Jahre 1961 – doch der Tradition blieb auch Großmanns Frau treu. Die Münchner nannten sie liebevoll "Krinoline-Oma".
Unterstützt von ihren Söhnen Herrmann und Theodor sowie ihrem Enkel Theo Niederländer führte Krinoline-Oma das Fahrgeschäft weiter. Viel zu früh verstarben 1971 die beiden Söhne im Alter von 56 und 58 Jahren. Dies war ein schwerer Schicksalsschlag für die Familie, aber besonders für Krinoline-Oma.
Sie betrieb das Geschäft zusammen mit Ihrem Enkel Theodor Niederländer und dessen Gattin Anita bis ins hohe Alter. Bis zu ihrem 83. Lebensjahr kassierte sie während der Fahrt auf der Krinoline und wurde so beim Publikum zu einem unvergessenen Phänomen. Im gesegneten Alter von 86 Jahren verstarb die Krinoline-Oma 1980, doch die Erinnerung an sie lebt weiter.
Bis 2007 übernahm dann Theodor Niederländer mit seiner Frau Anita das ehrwürdige Traditionsgeschäft. In dieser Zeit wurde das Geschäft in vielen Bereichen behutsam restauriert und modernisiert. Immer wieder wird er von Geschäftsaufkäufern aus Holland und den USA bedrängt, das Geschäft zusammen mit den Musikern zu verkaufen. Doch zum Glück für das Münchner Publikum ließen sich die Musiker in der Vergangenheit auf diesen Kuhhandel nicht ein.
Mit dem 175. Oktoberfest wurde die Verantwortung dann vertrauensvoll an Matthias Niederländer und seine Frau Helene übertragen. Die Krinoline ist damit schon in der vierten Familiengeneration auf dem Münchner Oktoberfest verankert. Theodor Niederländer freilich unterstützt seinen Sohn weiterhin mit Rat und Tat.
So bauen also Junior und Senior mit viel Liebe und Engagement ihre Krinoline Jahr um Jahr von Neuem auf der Wiesn auf. Natürlich engagieren sie traditionsgemäß weiterhin die Original-Krinoline-Blaskapelle. Musikalisch wird aber auch immer wieder ausgesuchten Gastspielern die Möglichkeit gegeben sich auf der Krinoline zu versuchen. So gastierten hier die Veterinary Street Jazz Band, Tiny Bubbles Jazz Band oder G-Rag und die Landlergschwister.
Trotz aller Neuerungen wurde die Krinoline in all den Jahren zu einem Markenzeichen auf dem Münchner Oktoberfest. Wir wünschen uns, dass dies weiter so bleiben möge.