AKTION am Familientag (DI): KINDER in Begleitung einer erwachsenen Person GRATIS
TIPP! Die Feierabendfahrt ca. 23.20 Uhr, Romantik zum Dahinschmelzen!!!
MITARBEITER/INNEN GESUCHT! @KONTAKT
ERMÄSSIGTE PREISE! Am Familientag – jeden Dienstag bis 19 Uhr
"Jeggerlna", stellt einer aus dem Oberland fest, "jetzt ham s' die Krinoline aa elektrisch gmacht!" Und seinem Sprössling erzählt er anschließend, wie er einmal in seiner Kindheit gerade recht gekommen ist, als einem Schwungburschen, einem schwindsüchtigen Stadtfrack, schlecht geworden ist. "Wos moanst, wia i mi neiglegt hab. Dene hab i's zoagt..." Und nachdem er unter seiner Lodenjoppe die Muskeln springen lässt, dass es ausschaut, als ob er lebendige Semmelknödel dort hätte, sagt er nur verächtlich: "Heut gibt's ja koane Manna mehr.
Heut müssen s' alles elektrisch macha!" Als er aber die Blasmusikanten näher betrachtet, sieht er doch, dass die wenigstens echt sind. Echt wie der Adlerflaum. Echt wie die böhmischen Stückln, die sie in ihrem wasserdichten Verschlag nach altem Wiesn-Krinolinenbrauch mit haushälterischem Blasbalg und gesundem Durst spielen.
Auf einem Taferl steht für jedermann zu lesen:
"Don't jump while" und darunter: "Moving Carussel". Mühsam buchstabiert ein sommersprossiger Drittklassler diese Mitteilung. "Des is ausländisch," belehrt ihn ein schräger Onkel, für den das Ausland bereits nach dem Verlassen der Bierbude begonnen hat. Ein anderes Taferl tut kund, dass das Auf- und Abspringen während der Fahrt verboten ist. Eine urgemütliche Sache also; denn wem fiele es sonst schon anderswo bei den superschnellen Kreiselflugmaschinen ein auf- oder abzuspringen!
Bald füllen sich die Bankerln auf dem großen Schaukelkarussell. Viele ältere Leute, denen die Krinoline seit Kindheitstagen vertraut ist, nehmen Platz. "Des is a Spaß für an kloana Geldbeutel," meint eine Oma, die ihrer Enkelin und sich ein echtes Wiesnerlebnis gönnen will. Und ein altes Ehepaar pflichtet dankbar bei: "De Gaudi ko unseroans aa no derkraftn!"
Jetzt kurvt die absolut schwenksichere Chefin des Unternehmens elegant in eine Banknische nach der andern, um das Fahrgeld zu kassieren. Dabei hakt sie sich in die roten Bogen ein, die ein Abteil mit dem andern verbinden. Einhaken tut sich auch der nicht mehr ganz selbständige Witwer Grandl aus der nahen Schwanthalerhöh. Und dass er dabei die nussbraune Lady Jackson aus Cansas City erwischt, nimmt ihm keiner übel.
Nun ist die Krinoline in voller Fahrt und schwingt wie der Reifrock einer lebenslustigen Biedermeierballerina nach allen Seiten. Einen dieser Schwenker, untermalt von der Blechkapelle mit dem Stückl "I möcht gern dei Herzklopf n hörn...", animiert den Maurer Vitus, sein Ohr an den Balkon seiner Braut zu legen. Aber statt des Herzklopfens hört er, was der Amateurbauchredner von nebenan seinem Spezi flüstert: "Du, Xare, meim Steckerlfisch is scho ganz zwoaraloa!"
Aber schon schaltet der Chef den Strom ab und betätigt die Bremse. Mitten im Spiel hört auch die Blasmusik auf. Und nur mehr das Pfeiferl vom Vogl-Jakob auf der Zunge eines Fahrgastes zwitschert die Melodie zu Ende. "Aus is und gar is und schad is, dass wahr is", sagt dem Vitus seine Braut. Vor lauter taumeliger Glückseligkeit stolpert sie über ihre eigenen Füße. Und weil sie dabei der haselnussbraunen Lady einen unerwarteten Stoß versetzt, fällt jene die Treppen hinunter gerade in die offenen Arme des kaffeebraunen Mister Black, den sie auf der Überfahrt kennengelernt und in Bremerhaven verloren hatte.
Aus dem Münchner Notizbücherl, von Günther Göpfert
Münchner Stadtanzeiger - Freitag, 25. September 1964